Der Geschichtsverein Ockstadt besuchte die St. Georgskapelle am Rande der Seewiese
(vZo) Am Sonntag, den 25. Juli 2006 besuchte der Geschichtsverein Ockstadt die St. Georgskapelle am Rande der Seewiese, der ehemaligen Gemarkungsgrenze der Gemeinde Ockstadt. Hier gab Georg Jung einen kurzen Einblick in die Geschichte der kleinen Kapelle.

Mit dem Anschlag der 95 Thesen in Wittenberg 31. 10. 1517 wurde in Deutschland und über dessen Grenzen hinaus eine kirchlich-religiöse Bewegung ausgelöst, die die abendländische Kircheneinheit sprengte. Sie ließ neue kirchliche Gemeinschaften und eine neue kirchliche Haltung entstehen. Die Zeit der Reformation führte schließlich zur Säkulation, zur Verweltlichung des geistlich-kirchlichen Bereichs. Diese hatte die Enteignung kirchlichen Eigentums durch staatliche Gewalt zur Folge. Die Landesherren hatten vorher schon die Macht, den Glauben der Untertanen zu bestimmen. Im Zuge der Entwicklung besaßen die Katholiken Friedbergs keine Kirche mehr.
Hans von Franckenstein, erster Herr dieser Familie in Ockstadt (1522-1558) empfing im Jahre 1522 von Kaiser Karl V. „die Hälfte des Gerichtes und Dorfes Ockstadt samt Schloss als unmittelbares Reichslehen“.
Der Beginn ihrer Herrschaft fiel somit in die bewegte Zeit der ausgelösten kirchlichen Spaltung.
Die Herren von Franckenstein, welche sich den Versuchen des Landgrafen Philipp von Hessen zur gewaltsamen Einführung der „newen oder lutherischen Ordnung“in ihren Gebieten bei Darmstadt mit aller Kraft widersetzt hatten und von dem Landgrafen mit so vielen „thättlichen Ein- und Zugriffen gantz unfugsambt beleidigt worden“ waren schon aus diesem Grunde keine Freunde der religiösen Neuerung. Diesem Umstand verdankt Ockstadt die Erhaltung des katholischen Glaubens.
Den Katholiken Friedbergs war damit eine Möglichkeit zum Besuch des Gottesdienstes in dem benachbarten Flecken Ockstadt erhalten geblieben.
Von 1710-1727 war Erwin von Greifenclau Burggraf in Friedberg. Er hielt sich einen eigenen Burgkaplan, der aber in der Stadt keine Seelsorge ausüben durfte. Unter diesen Verhältnissen blieben die Katholiken Friedbergs auf Ockstadt angewiesen.
Gottfried von Franckenstein (1693-1738) lag das Schicksal der in der Nachbarschaft von Ockstadt lebenden Katholiken sehr am Herzen. Er beschloss, ihnen zu helfen. In der Burg und in Friedberg sowie in Rosbach wohnten damals sehr viele Katholiken, die an Sonn- und Feiertagen keine Messe feiern konnten. Da aber auch die Gemeinde Ockstadt sehr zahlreich war und der Pfarrer keine weiteren Verpflichtungen übernehmen konnte, verfügte er über die Einrichtung der Frühmesserei, die sich auf die Dauer jedoch nicht ausreichend erwies. Die Katholiken Friedbergs und Rosbachs waren Sonn- und Feiertags zu einem Gottesdienstbesuch in Ockstadt gezwungen, was aber in Winterszeiten sowie bei schlechtem Wetter schwierig war. Eine katholische Kirche war damals ein dringendes Bedürfnis, das man in Friedberg umso leichter hätte befriedigen können, da noch mehrere Kirchen aus katholischer Zeit unbenutzt waren. Eine Benutzung war den Katholiken jedoch verboten und die Gläubigen wagten noch nicht einmal, danach zu fragen.
So fasste Friedrich Gottfried Freiherr von Franckenstein den Beschluss, durch den Bau einer Kapelle seinen Glaubensgenossen zu Hilfe zu kommen. Er ließ sie an der äußeren Spitze der Ockstäder Terminei erbauen.
Die Bewohner von Ockstadt fuhren sämtliches Material aus den herrschaftlichen Wäldern, Stein- und Kalkbrüchen teils in Fronde, teils um Gotteslohn nach Friedberg.
So erklärt sich, dass der Bau (1734-1736) nur 2105 fl. (Gulden) 8 Albus und 3 Deut kostete, die durch Beiträge der freiherrlichen Familie, durch den Verkauf der Ockstädter Frühmesserei-Äcker und durch Zuwendungen von Ockstädter Kirchenkapital aufgebracht wurden. Abt Jacob von der Prämonstratenserabtei in Ober-Ilbenstadt schenkte der Kapelle am 10 August 1736 eine Glocke.
Das Portal der Kirche trägt folgende Inschrift:

„Sub auspiciis E.D.God. L.B. de Franckenstein Em. Elect. Mogt. Consiliarii intimi Nob. Immediat. Praefecti sacullum hoc pro Gloria Dei et commodiate Catholicorum erectum Anno 1734.”

Das Kirchlein ist die noch heute bestehende St. Georgskapelle an der Seewiese in Friedberg.
1738 verstarb der um die kirchlichen Verhältnisse in Ockstadt und Friedberg hochverdiente Freiherr Gottfried van Franckenstein. Sein Sohn Franz Philipp von Franckenstein bestimmte in seinem Testament von 1770, dass sein Besitz an Wein und Früchten, der nach seinem Ableben sich vorfände geteilt werden solle und zwei Drittel des Geldes versilbert werden solle. Ein Teil des Geldes solle zur Fundierung eines beständigen Geistlichen an der St. Georgskapelle angelegt werden. Aus dem Verkauf wurden 10.000 Gulden erlöst, die den Grundstock für die Kaplanei der St. Georgskapelle bildeten. Dazu kamen noch aus einem Baufond 1300 Gulden.
Da das Pfarrhaus in Ockstadt keinen Platz für einen Kaplan der St. Georgskapelle hatte, ruhte die ganze Sache bis 1808. Erst in diesem Jahr kam das erzbischöfliche Amt und die Franckenstein’sche Familie dahin überein, dass dem Kaplan 519 Gulden und zwei Klafter Holz für seinen Unterhalt reichen, für eine Wohnung habe er selbst zu sorgen. 1819 richtete die katholische Gemeinde Friedberg an den Großherzog von Hessen und Nassau die Bitte, die Burgkirche zu einer Simultankirche zu machen, da die Lage der Katholiken sich in der Zeit von 1734 und 1774 geändert habe. Die Kapelle sei für die stark angewachsene Zahl der Katholiken in Friedberg zu klein, zudem sich hier noch Mitglieder des Garnisons-batallions und Arbeiter der um Friedberg entstandenen Bergwerke befanden. Die Burgkirche sei geräumig genug und die evangelische Gemeinde in der Burg nicht sehr groß, so dass in dieser Kirche per Simultaneum der Gottesdienst abgehalten werden könnte. Zur Besoldung und Unterhaltung des Seelsorgers, der auch den katholischen Schulunterricht besorgen könne, sollte auch der für die St. Georgskapelle bestimmte Fond nach ‚Friedberg gezogen werden. Dieser Vorschlag kam jedoch aus verschiedenen Gründen nicht zur Verwirklichung.
Das Bestreben der katholischen Gemeinde in Friedberg nach einem eigenen Gotteshaus inmitten der Gemeinde wurde immer stärker. 1859 kaufte Bischof Wilhelm Emanuel von dem Poststallmeister Georg von Hemholt ein Grundstück, auf dem später das Pfarrhaus, Schulhaus und die Kirche erbaut wurden. 1861 konnte Pfarrer Keller aus Ockstadt die kath. Konfessionsschule zu Friedberg eröffnen und 1881/82 wurde die kath. Kirche „Maria Himmelfahrt“ erbaut. Die Pfarrei in Ockstadt konnte Friedbergs Katholiken aus der jahrhundertlangen Obhut entlassen.

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Der Vortragende Georg Jung und Hermann Kosch
(Geschichtsverein Ockstadt)